Astrofotografie: Ausrüstung und Durchführung
Nach meinen ersten Versuchen mit der Astrofotografie gebe ich hier meine bisherigen Erfahrungen wieder (Stand: Sept. 2018):
Ausrüstung - Hardware
Man benötigt natürlich eine digitale Kamera mit Wechselobjektiv(en). Je nach Zielsetzung sollte ein Weitwinkel- oder besser noch ein Ultraweitwinkelobjektiv (Startrail, Timelapse, Milchstraße) oder ein möglichst langes Teleobjektiv (Mondaufnahmen) vorhanden sein.
Bei Mondaufnahmen ist eine Kamera mit einem kleineren Sensor von Vorteil, da
dadurch die Telewirkung verstärkt wird (APS-C 1,5 bis 1,6-fach). Bei den
restlichen Anwendungen ist eine Vollformatkamera zu bevorzugen, da dort das Rauschen bei hohen ISO-Werten geringer ist.
Bei den Mondaufnahmen habe ich eine APS-C Kamera (Nikon D5300) mit dem Nikon 200-500mm Zoomobjektiv (bei 500mm) verwendet, was einer effektiven Brennweite von 750mm entspricht.
Die restlichen Astrofotos habe ich mit einer Vollformatkamera (Nikon D610) und dem 16-35mm Zoomobjektiv aufgenommen, welches leider nur über eine maximale Blende von f4 verfügt.
Besser geeignet wäre z.B. ein 14mm f2,8 (gibt es z.B günstig von Samyang als MF
und seit kurzem auch als AF) oder das 14mm f1,8 von Sigma. Das letztgennannte
ist allerdings nicht nur schwer sondern auch teuer.
Absolut notwendig ist auch ein Stativ. Denn bei Verschlußzeiten von bis zu 30 Sekunden (mehr dazu später) sind sonst keine scharfen Fotos möglich.
Um Verwacklungen z.B. bei Mondaufnahmen zu vermeiden, ist auch ein Fernauslöser sinnvoll. Bei Timelapseaufnahmen mit programmierten Intervallaufnahmen und bei Verwendung der Spiegelvorauslösung löst die Kamera selbstständig aus, so dass hier keine Verwacklungsgefahr durch das Drücken des Auslösers besteht.
Äußerst sinnvoll ist eine LED-Stirnlampe mit Rotlicht, denn besonders bei Neumond ist eine Bedienung der Kamera sonst kaum möglich.
Ausrüstung - Software
Um RAW-Dateien, die in diesem Zusammenhang die bessere Alternative darstellen, bearbeiten zu können, benötigt man spezielle Software. Ich habe mir dazu die letzte Kaufversion von Lightroom (LR 6) besorgt. Wenn man kein professioneller Nutzer ist, dann ist diese Variante langfristig gesehen deutlich preiswerter als die nunmehr angebotene Mietversion zu leasen. Bei nach dem Dezember 2017 (letztes Update von LR6) auf den Markt gekommenen Kameras muss man den Workflow etwas ändern: Kameraspezifische RAW-Dateien mit dem von Adobe kostenlos zu beziehenden DNG-Converter in ein DNG-Format umwandeln, welches von LR6 unterstützt wird.
Die Timelapsevideos habe ich mit der Lightroom-Erweiterung LRTimelapse (Version 5) erstellt, welche es in einer voll funktionsfähigen Testversion gibt, bei der man allerdings nicht mehr als 400 Aufnahmen verarbeiten kann (Downloadlink). Bevor man startet, sollte man sich die Tutorials anschauen, um den technischen Ablauf zu verstehen. Durch die Beschränkung auf 400 Fotos ist das resultierende Video maximal 16,7 Sekunden lang (bei 24 Bilder pro Sekunde). Zwischenzeitlich habe ich mir eine Lizenz gekauft (Privatlizenz: 99,- Euro plus MWSt).
Die Startrail-Fotos habe ich mit dem kostenlosen Programm Startrails erstellt (Downloadlink).
Neben diesen Programmen zur Bildbearbeitung sind noch weitere Helferlein sinnvoll:
- Informationen über den Grad der Lichtverschmutzung habe ich mir von der Website https://www.lightpollutionmap.info geholt. Dort kann man gut sehen, wo es in der eigenen Umgebung wenig Lichtverschmutzung gibt oder ob für die Astrofotografie eine größere Anreise notwendig ist. Bei der Lichtverschmutzung sollte man zusätzlich die Mondphase berücksichtigen. Das Fotografieren der Sterne ist natürlich in dunklen Nächten (Neumond) wesentlich einfacher als bei Vollmond.
- Die kstenlose App Star Walk 2 free hilft beim Auffinden bestimmter Sterne bzw. Sternbilder wie z.B. Polarstern.
- Als Alternative dazu gibt es die kostenpflichtige App Stellarium, die man vorher als Freware-Version auf dem PC/Laptop ausprobieren kann.
- Die kostenlose App FotoTool stellt verschiedene Informationen rund um das Thema Fotografieren (Nacht- und Langzeitaufnahmen, generelle Belichtung und ND-Filter, Schärfentiefe, Belichtungswertdifferenzen, Strichspuren, Zeitrafferaufnahmen, Sonne und Mondphasen, etc.) zur Verfügung.
- Absolut empfehlen kann ich die App Photopills, die praktisch alle Bereiche der Fotografie abdeckt bis hin zur Planung von Aufnahmen zu einer bestimmten Zeit irgendwo auf der Welt. Diese App ist allerdings kostenpflichtig (aktuell 9,95 €), diesen Preis aber auch wert.
Durchführung
Folgende Punkte sind m.E. zu berücksichtigen:
- Man sollte den Aufnahmeort bei Helligkeit vorab besichtigen, um die Perspektive und den Bildaufbau planen zu können. Die Vorplanung kann auch mit der App Photopills erfolgen.
- Bei längerer Anreise sollte man sich vorher über die Wetterverhältnisse informieren. Neben wenig Lichtverschmutzung benötigt man auch einen (weitgehend) wolkenlosen Himmel.
- Da bei Nachtaufnahmen mit Weitwinkelobjektiven der Autofokus in der Regel nicht funktioniert (Ausnahme: Mondaufnahmen mit Tele), kann man eventuell schon bei der Besichtigung am Tage die Entfernung mittels Autofokus einstellen und sich die Einstellung merken bzw. den Autofokus danach abschalten. Es besteht jedoch die Gefahr, dass der Fokusring beim Ein- und Auspacken noch einmal verstellt wird. Alternativ kann man die Sterne über Live View mit der maximalen Vergrößerung scharf stellen.
- Ein Stativ ist Pflicht. Hier gilt: Je schwerer desto besser, um Erschütterungen und Windeinflüsse auszuschalten.
- Bei DSLR ist die Spiegelvorauslösung einzuschalten, um Erschütterungen zu vermeiden. Bei z.B. 2 Sekunden Spiegelvorauslösung benötigt man auch keinen Fernauslöser mehr.
- Bildstabilisatoren des Objektivs (VR, IS, VC, etc.) abschalten, die Bildstabilisierung erledigt das Stativ.
- Die Fotos im RAW-Format aufnehmen, das ermöglicht einen größeren Handlungsspielraum bei der Nachbearbeitung (z.B. Farbtemperatur korrekt einstellen).
- Da kaum eine Kamera den automatischen Weißabgleich bei Nachtaufnahmen korrekt einstellt, sollte dieser eigentlich abgeschalten werden (Wert festlegen). Bei RAW-Aufnahmen ist dies aber nicht problematisch, da man den Weißableich bzw. die Farbtemperatur bei der Bildentwicklung noch genau nach seinen Wünschen einstellen kann und dabei das Ergebnis direkt sieht.
- Bei Mondaufnahmen mit Tele: Manuelle Belichtung einschalten und am besten mit Blende f8, Belichtungszeit 1/60 Sekunde und ISO 100 eine Testaufnahme machen. Bei Bedarf Werte anpassen. Der Himmel darf ruhig schwarz sein, die Landschaftsstrukturen auf dem Mond sollen aber erkennbar und nicht ausgefressen sein.
- Bei Aufnahmen für Timelapse/Startrails (Weitwinkel): Manuelle Belichtung einschalten und einige Testaufnahmen machen, um die korrekte Belichtung zu finden. Bei Nachthimmel kann man bei einem Objektiv mit der größten Blende von f4 mit ISO 3.200 und Belichtungszeiten von 15 bis 20 Sekunden testen. Wichtig ist auch die Mondphase: Bei Neumond ist es dunkler als bei Vollmond dafür sind aber die Sterne besser zu sehen, denn der Vollmond oder auch schon der Halbmond ist auch eine Art Lichtverschmutzung. Je nachdem muss amn die Werte (Blende, ISO, Verschlußzeit) anpassen. Beginnt man in der blauen Stunde, muss man andere Werte (kürzere Verschlußzeiten) nehmen und diese dann im Laufe der Intervallaufnahme anpassen. Dabei ist die maximale Belichtungszeit zu beachten (siehe nächster Punkt).
- Die Belichtungszeit, die je
nach Sensorgröße und Brennweite möglich ist, ohne dass durch die
Erddrehung Strichspuren bei den Sternen entstehen, lässt sich nach
folgender grober Faustformel (500er-Regel) berechnen:
Maximale Belichtungszeit = 500 (Vollformat) bzw. 300 (APS-C) dividiert durch Brennweite.
Beispiel (Vollformat): 500 dividiert durch 24mm = 20,8 Sekunden.
Man sollte also bei 24mm an einer Vollformatkamera nicht länger als 20 Sekunden belichten. Bei 16mm sind es nach dieser Formel 30 Sekunden.
Will man noch genauere Angaben, dann kann man die maximale Verschlusszeit nach der NPF-Regel berechnen, welche auch die Pixelgröße des Sensors der eingesetzten Kamera berücksichtigt. Man erhält dann bei den heute üblichen hochauflösenden Kameras in der Regel kürzere maximale Belichtungszeiten (Details siehe: https://sahavre.fr/wp/regle-npf-rule/, französisch). Die App Photopills berechnet auch die maximale Belichtungszeit nach der NPF-Regel. - Aufgrund des zuvor Gesagten kommt man in dem Belichtungsdreieck (Blende, Verschlußzeit, ISO) schnell an Grenzen. Die maximale Offenblende hängt vom Objektiv ab, die Verschlußzeit wird durch das Vermeiden von Strichspuren eingeschränkt, also verbleibt, wenn es dunkler wird, nur noch das Hochsetzen des ISO-Wertes. Um Bildrauschen zu vermeiden ist jedoch ein allzu hoher ISO-Wert zu vermeiden (hängt vom Sensor der Kamera ab). Ich ziehe daher eine gezielte Unterbelichtung vor und korrigiere die Belichtung bei der Bildbearbeitung in Lightroom (max. Belichtung +2 bis +3 EV). Dies führt meines Erachtens zu weniger Rauschen als das entsprechende Hochsetzen des ISO-Wertes (z.B. auf ISO 25.600).
- Wellness: Geht man von einer Belichtungszeit von bis zu 25 Sekunden mit Spiegelvorauslösung aus, dann kann man die Intervalle zwischen den Aufnahmen auf 30 Sekunden stellen. Man erhält also 120 Fotos pro Stunde. Für 400 Fotos braucht man somit 200 Minuten (knapp 3,5 Stunden, ohne vorherigen Aufbau und Testaufnahmen). Dazu sollte man sich vorbereiten: Es empfiehlt sich selbst im Sommer warme Kleidung einzupacken, etwas zum Trinken und einen Klappstuhl mitzunehmen.